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"Wir brauchen weiterhin eine starke feministische Bewegung"

Liebe Gäste, liebe Kolleg_innen, liebe Mitglieder, liebe Unterstützer_innen,

ich begrüße Sie sehr herzlich zum heutigen Abend, der anlässlich des Welthumanistentages 2019 stattfindet. Wir laden Sie ein, sich bequem zurückzulehnen und sich am heutigen Abend gut unterhalten und inspirieren zu lassen.

Das Jahresmotto des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg ist an diesem Abend Programm: 100 Jahre Frauenwahlrecht: Gleiche Rechte – gleiche Teilhabe? Die Anordnung von Gedankenstrich und Fragezeichen lässt schon vermuten: Wir stellen hier keine offene Frage, das Motto transportiert zuallererst unsere Kritik und unsere Zweifel. Wir widmen uns in diesem Jahr ganz bewusst geschlechterpolitischen Themen und wollen festhalten, wo wir – 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts – stehen: sind gleiche Rechte und gleiche Teilhabe für Frauen inzwischen selbstverständlich geworden? Und bedeuten gleiche Rechte automatisch gleiche Teilhabe?

Katrin Raczynski begrüßt die Gäste.
Foto: Konstantin Börner Katrin Raczynski begrüßt die Gäste.

Meine Antwort auf diese Frage ist: Der geschlechterpolitische Backlash ist weltweit in vollem Gange und die feministischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte müssen verteidigt werden.

Lassen Sie mich dazu ein paar Beispiele benennen:

  • Im Jahr 2019 wird in Deutschland wieder und immer noch über Abtreibung diskutiert. Der Strafrechtsparagraph 219a, von den Nationalsozialisten entworfen, bleibt trotz erheblicher Proteste mit einem nicht akzeptablen Kompromiss bestehen.
     
  • Bundesgesundheitsminister Jens Spahn darf eine Studie im Umfang von fünf Millionen Euro umsetzen, um die negativen seelischen Auswirkungen von Abtreibungen zu beweisen.
     
  • In Ungarn wurden Gender-Studies als Studienfach verboten.
     
  • In Tansania werden schwangere Mädchen vom Schulunterricht ausgeschlossen.
     
  • In Brasilien hat der homofeindliche Präsident Jair Bolsonaro kurz nach seiner Wahl im Bildungsministerium die Abteilung Diversity abgeschafft und angeordnet, dass Verweise auf Sexualität, LGBTIQ, Feminismus sowie Gewalt gegen Frauen aus dem Unterricht verbannt werden.

Globale, konservative Bündnisse versuchen die Menschenrechtsverträge zu unterlaufen – besonders die, in denen Frauen- und LGBTI-Rechte geschützt werden. Und weltweit ist zu beobachten, wie ultrakonservative und religiös-fundamentalistische Bündnisse entstehen.

Caroline Rosales liest aus "Sexuell verfügbar".
Foto: Konstantin Börner Caroline Rosales liest aus "Sexuell verfügbar".

Die nationale und insbesondere die internationale Perspektive auf Frauen- und LGBTIQ-Rechte macht überdeutlich, dass wir weiterhin eine starke feministische Bewegung brauchen und es macht mir Hoffnung zu sehen, dass sich weltweit junge, feministische Organisationen gründen.

Liebe Gäste, der thematische Bogen des heutigen Abends ist groß: Weltweit sind Feminismen und feministische Theorien als auch die dazu gehörenden Widersprüche komplex und kontrovers, sie sind akademisch und politisch. Zugleich sind feministische Perspektiven aber auch immer konkret, erfahrbar und verwoben mit persönlichen Erfahrungen.

Am Welthumanistentag mit passenden Statements präsent: unsere Kampagne EINE_R VON UNS.
Foto: Konstantin Börner Am Welthumanistentag mit passenden Statements präsent: unsere Kampagne EINE_R VON UNS.

Ich freue mich sehr, dass wir heute Abend eine Frau begrüßen dürfen, die ihre Erfahrungen und feministischen Perspektiven mit uns teilt. Caroline Rosales liest für uns aus ihrem aktuellen Buch "Sexuell verfügbar", in dem sie auch eigene Erfahrungen beschreibt und "Grauzonen zwischen unserer Erziehung, Missbrauch und Feminismus" beleuchtet. Linda Vogt, die Sie durch den heutigen Abend begleitet, wird uns unseren Gast gleich noch näher vorstellen.

Ihnen beiden ein herzliches Willkommen - wir freuen uns sehr, dass Sie heute bei uns sind!

Im Anschluss zeigen wir den Film "Die göttliche Ordnung" von Petra Volpe. Die Geschichte spielt in der Schweiz der siebziger Jahre und zeigt, gegen welche Widerstände Frauen immer wieder zu kämpfen haben: Denn die Dorf- und Familienordnung im Film gerät gehörig ins Wanken, als Heldin Nora beginnt, sich für das Frauenwahlrecht in der Schweiz einzusetzen.

Im Gespräch: Caroline Rosales und Linda Vogt
Foto: Konstantin Börner Im Gespräch: Caroline Rosales und Linda Vogt

Wir hören heute Abend auch hin, was Frauen aus unserem Verband zu sagen haben. Hier neben mir auf der Bühne sehen Sie bereits Bilder von Thea und Chris. Thea engagiert sich bei den Jungen Humanist_innen in Königs Wusterhausen gegen Rassismus und Rechtspopulismus und macht auch anderen Mut, ihre Stimme zu erheben. Chris arbeitet in unser Schwangerschafts(konflikt)beratungsstelle in Berlin und stärkt Frauen darin, selbstbestimmt über ihren Körper und ihre Familienplanung zu entscheiden. Beide sind Teil unserer aktuellen Kampagne EINE_R VON UNS, die Sie vielleicht schon hier im Kino oder in der Stadt entdeckt haben und über die Sie hier heute Abend mehr erfahren können.

Nach dem Film laden wir Sie herzlich zu einem Get-together mit Signierstunde, Snacks und Getränken in das Foyer und den Biergarten des Filmtheaters ein. Kommen Sie mit uns und anderen Gästen ins Gespräch, denn Austausch und Begegnung steht am Anfang jeder Veränderung.

Vielen Dank. Ich wünsche uns allen einen schönen und inspirierenden Abend!

 

Es gilt das gesprochene Wort.

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